Achern 03.05.2017
 

 

Gong Achern: »Traumfresserchen« traumhaft gezeigt

Unterhaltsame Aufführung für Kinder in der Illenau / Hilfreiches Stück bei eigenen Problemen

 

In der Gong-Reihe wurde Michael Endes »Das Traumfresserchen« im Festsaal der Illenau gezeigt, traumhaft inszeniert vom Theater HERZeigen. Das musikalische Märchen ist gedacht für Kinder ab vier Jahren. Für Kinder und ihre Bezugspersonen kann dieses Stück hilfreich sein bei der Bewältigung eines belastenden Problems.

Angst vor Albträumen

Die begabten Schauspielerinnen Isabelle Guidi und Johanna Sophia Müller (Kreation und Darstellung, Co-Regie Gabriele Sponner) führen die Zuschauer mit Akkordeon und Ukulele vor dem Bühnenbild eines riesigen Himmelbettes in die Geschichte ein: In Schlummerland ist es das Wichtigste, gut zu schlafen. Und wer am Besten schlafen kann, wird König. Es wird so herzerfrischend gegähnt, dass es geradezu ansteckend wirkt. Doch es gibt ein Problem: Die kleine Prinzessin Schlafittchen hat Einschlafprobleme. Ausführlich wird ausgespielt, zu welchen Ausflüchten das Kind greift, um nicht einzuschlafen. In Wahrheit aber, bekennt Schlafittchen den Kindern, kann es nicht einschlafen, weil es Angst hat vor Albträumen.

Die Schauspielerinnen schlüpfen nun mit wenigen Verkleidungsveränderungen, anderen Stimmen und typischen Körperhaltungen in unterschiedliche Rollen, wie die von komischen alten Ärzten, von zwei Mägden, die über das immer blasser und schwächer werdende Prinzesschen singend und tanzend tratschen. Denn in Schlummerland ist nicht schlafen zu können eine Schande.König und Königin liegen verzweifelt im Bett und besprechen ihre Lage. Da schlägt die Königin vor, ihr Mann solle auf Reisen gehen und sich Rat einholen. Schließlich begegnet er leibhaftig einem Dialekt redenden Schäfer. Zwei weiße Kissen werden zu blökenden Schafen, die es gilt, zu zählen. Das Kissen wird zum Steuer und ein Autofahrer rät, das Kind abends herumzufahren. Ein singendes Kräuterweibchen rät zu einem Lavendelsäckchen, ein Müller zu warmen Socken und einem Glas Milch; eine Mutter mit Baby zu einem Schlafliedchen. Doch alles haben die Eltern schon probiert.

Rettung gefunden

Plötzlich sieht der König ein Stückchen glitzerndes Mondlicht im Ginster. Und das hat Arme und Beine und sieht mit seinen abstehenden schwarzen Haaren und dem verkrumpelten Puppengesicht gutmütig aus. »Ich hab so Hunger«, ruft das Wesen. Der König bietet ihm sein Butterbrot an. Aber nur »böse Träume« schmecken ihm, dem Traumfresserchen.  Da lacht der König erleichtert, denn genau hier liegt ja die Rettung. Aber es gibt immer noch Probleme: Man muss das Traumfresserchen mit einem Lied einladen. Das übernimmt der König und entschwebt zur Freude der Kinder mit seinem Retter. Zu Hause schläft Schlafittchen endlich wieder gut und bekommt rote Bäckchen. Und am Ausgang dieses liebevollen Theaterstücks dürfen die Erwachsenen das Lied als Zauberverschen mitnehmen. 

Brigitte Gutmann

Böse Träume der Prinzessin gefressen

 

Das Tübinger Ensemble „HERZeigen“ mit Johanna Sophia Müller und Isabelle Guidi zauberte im gut gefüllten Alten E-Werk eine Geschichte von Michael Ende auf die Bühne, die 1978 als Bilderbuch unter dem Titel „Das Traumfresserchen“ erschienen ist. Und wie es häufig so ist mit den wunderbaren Geschichten von Michael Ende: Sie kommen fantastisch und verständlich zugleich daher und sprechen tiefe, archetypische Aspekte in uns allen an; man denke nur an „Die unendliche Geschichte“ oder „Momo“. Und so war es kein Wunder, dass das Publikum die gelungene Aufführung bis zum Schluss gebannt verfolgte – auch die Kleinsten.

Das wohl lauteste Gelächter war gleich am Anfang zu verzeichnen. Prinzessin Schlafittchen (Müller) spielte mit ihrem Vater, dem König von Schlummerland, auf den Bühnenbrettern Verstecken – und verbirgt sich schließlich sogar erfolgreich unter seinem roten Mantel. Welches Kind und welche Eltern kennen das Problem des Nicht-Einschlafens und der Angst vor bösen Träumen nicht? Im Stück wird die Schlafproblematik von Endes Prinzessin auf kreative Weise gelöst, einfühlsam und ohne Schlafmittel. Es kommen zwar Ärzte und Doktoren aus dem ganzen Land, doch keine Medizin hilft gegen den „Bösus traumus“.

Isabelle Guidi überzeugte durchgängig als König des Schlummerlandes, der sich schließlich auf eine lange Reise in die Welt macht, um für seine Tochter ein Mittel gegen böse Träume zu finden. Steter Begleiter des Königs: sein Akkordeon und ein virtuoser Wechsel von Sprache und Gesang. Das Stück sprühte vor Kreativität. Das Traumfresserchen, das die bösen Träume der Prinzessin frisst und sie so von ihrer Schlaflosigkeit befreit, wurde durch eine blaue Handpuppe dargestellt. Drei Kissen wurden zu Schafen, die Leinwände der senkrecht installierten Betten kurzerhand zum Schattentheater umfunktioniert. Auch mimisch überzeugte das Duo. Das Resultat: lebendiges Kindertheater.

Sandra Thurner

PRESSESTIMMEN

 

Schwäbisches Tagblatt vom 19.03.2013

 

„Ein volles Haus hatte das Theater Hammerschmiede am Sonntagnachmittag. Das „theater herz.eigen“ zeigte seine Produktion von „Traumfresserchen“, dem wunderbaren Stück von Michael Ende, vom Schlafen und Träumen und den Schrecken der Nacht.

 

Rottenburg. „Es ist eine Schande, die Prinzessin schläft nicht mehr.“ In Schlummerland ist eine Staatskrise ausgebrochen. Gerade dort wo die Fähigkeit, gut zu schlafen über alles geschätzt wird. Die Prinzessin Schlafittchen wird immer bleicher. Der König weiß keinen Rat mehr. Schäfchen zählen bringt nichts. Auch ein Quacksalber, der zu Hilfe gerufen wird, ist nur zu munteren Wortspielchen gut…Der König muss hinaus in die Welt und Hilfe suchen. Da fängt das Abenteuer dann erst richtig an. Auch die Gegenstände spielen Rollen, das Kopfkissen ist nur manchmal ein Kopfkissen, das einfache Bühnenbild manchmal das Bett, mal der Wald und mal Projektionsfläche für ein Schattenspiel, in dem der König die Berge hochkeucht und oben drüber ein Adler oder Rabe schwebt. Und die Traumfresserchen-Handpuppe ist so potthässlich, dass es die Kinder sofort ins Herz schließen. Die bösen Träume sind dort verlässlich aufgehoben. Das Stück dauert eine knappe Stunde, nicht zu lange für die Kinder. Das leichte Spiel von Sophia Müller und Isabelle Guidi schlägt sie in Bann. Am Sonntag gab es rauschenden Beifall und Bravorufe. Da wackelte die Hammerschmiede.